Absicherung von Forderungsausfällen gegenüber Kunden

Die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland, die trüben konjunkturellen Aussichten und die massiv angestiegenen Insolvenzen sind akuter Anlass, dass wir Ihnen zur bestmöglichen Absicherung von Forderungsausfällen gegenüber Kunden folgende Tipps geben möchten:

 

  1. Das beste Mittel zur Vorsorge lautet: „Ware gegen Geld“, also ein rechtliches Zug-um-Zug-Geschäft mit unmittelbarem Leistungsaustausch. Im Idealfall verlässt die Ware Ihren Betrieb nur, wenn diese im Wege einer Vorauskasse bereits bezahlt ist oder zumindest eine hohe Anzahlung auf die auszuliefernden Positionen geleistet wurde.

 

  1. Lassen sich eine Vorauskasse oder kurze Zahlungsziele auf dem Verhandlungsweg nicht durchsetzen, so wäre an eine Sicherheitenbestellung zu denken, beispielsweise legt Ihnen Ihr Kunde eine Vertragserfüllungsbürgschaft seiner Hausbank für das Auftragsvolumen vor

 

  1. Alternativ kann ein Kunde von Ihnen über eine Warenkreditversicherung erfasst werden, wobei dann jedoch regelmäßig eine mehr oder minder hohe Selbstbeteiligung zu berücksichtigen sein wird. Fällt der Kunde in die Insolvenz, können Sie sich an Ihrer Warenkreditversicherung schadlos halten. Auch im Falle eines echten Factorings (Verkauf der Forderungen Ihres Unternehmens an ein Factoring-Unternehmen) kann das Bonitätsrisiko Ihres Vertragspartners „ausgelagert“ werden, wobei hierfür jedoch nicht unerhebliche Factoring-Gebühren kalkuliert werden müssen.

 

  1. Schließlich sollten jegliche Warenlieferungen unbedingt über einen Eigentumsvorbehalt und dessen Erweiterungsformen abgesichert werden. Die von Ihnen gelieferten Gegenstände bleiben dabei so lange in Ihrem Eigentum, bis die Waren vollständig bezahlt sind. Das Sicherungsmittel hilft in der Insolvenz Ihres Vertragspartners aber nur dann, wenn dort Ihre Eigentumsvorbehaltsware auch noch vorhanden ist und die Rückholung für Ihren Betrieb wirtschaftlich sinnvoll ist, d.h. die Ware kann anderweitig veräußert oder wiederverwendet werden. Wurde Ihre Eigentumsvorbehaltsware beim Kunden bereits weiterverarbeitet oder im regulären Geschäftsgang an Endkunden veräußert, so greift der „normale“ Eigentumsvorbehalt nicht mehr. Über einen erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt kann man sich für den Fall der Weiterverarbeitung beim Kunden bzw. den Weiterverkauf zwar vertraglich absichern. In der Praxis zeigt sich hier jedoch, dass die letztgenannten Fälle bereits erhebliche Ausfallrisiken bergen.

 

  1. Für alle Eigentumsvorbehaltsformen gilt: Sie als Lieferant müssen lückenlos nachweisen können, dass diese Sicherungsform vertraglich vereinbart wurde. Es ist also darauf zu achten, dass (Rahmen-) Verträge entsprechende Regelungen beinhalten oder bei einer Bestellung via „Angebot-Bestellung-Auftragsbestätigung“ und Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen diese wirksam einbezogen werden. Gelingt der Nachweis nicht, so können Sie im Insolvenzfall Ihre offenen Forderungen lediglich beim Insolvenzverwalter zur Tabelle anmelden und erhalten im Regelfall mit großer zeitlicher Verzögerung am Ende des Insolvenzverfahrens eine „magere Quote“ hierauf.

 

  1. Im Rahmen des Controllings und Risikomanagements sollten anwachsende Forderungen gegenüber Kunden oder erhebliche Überschreitungen bei Zahlungszielen zeitnah erfasst und innerhalb Ihres Betriebs kommuniziert werden. Es ist dann daran zu denken, nach Überschreitung von hausinternen Schwellenwerten ggf. einen Lieferstopp gegenüber säumigen Kunden auszusprechen, um ein weiteres Anwachsen von Risiken zu vermeiden. Sobald es zu Schwierigkeiten im Forderungseinzug kommt, droht im Insolvenzfall ggf. die Rückzahlung erhaltener Gelder im Wege der Insolvenzanfechtung!

 

  1. Wie immer gilt: Augenmaß Bei kleineren Kunden und Aufträgen wird der Aufwand einer umfassenden Absicherung für einen Forderungsausfall nicht den Stellenwert erreichen als bei wichtigen Schlüsselkunden oder Bestellungen mit hohem Umsatzvolumen, bei dem ein Forderungsausfall ggf. für den eigenen Betrieb existenzbedrohlich werden könnte. Setzen Sie sich hier im Rahmen eines Risikomanagements hausinterne Größen für Umsätze, Besicherung, Vertragsgestaltung, Controlling und betriebsinterne Kommunikation.

 

  1. Im Falle einer Insolvenz des Kunden ist an einen sofortigen Lieferstopp, den unverzüglichen Widerruf der Weiterverarbeitungs- und Verfügungsbefugnis für Eigentumsvorbehaltswaren, die Rückforderung von unbezahlten Waren und schließlich an die rechtzeitige und formell ordnungsgemäße Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren zu denken

 

Wir wünschen Ihnen, dass Sie und Ihr Betrieb möglichst ohne größere Forderungsausfälle gut durch diese wirtschaftlich anspruchsvolleren Zeiten kommen.

Sofern Sie zu unseren allgemeinen Handlungsempfehlungen noch Fragen haben, so helfen wir Ihnen jederzeit gerne mit Rat und Tat bzw. Musterformulierungen und Vertragstexten weiter.

Für den Bereich des Insolvenzrechts steht Ihnen hierfür RA Andreas Weidinger und für das Vertragsmanagement RA Markus Scholz zur Verfügung.

 

PS: Natürlich kann und sollte man sich auch wirksam gegen die Krise oder Insolvenz gegenüber einem Lieferanten schützen und absichern!

 

Sollte Sie dieses Thema weiter interessieren und möchten dieses nochmal vertieft bei einem Mandantenmeeting durchsprechen, dann melden Sie gerne sich bei uns!

 

 

Andreas Weidinger

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht
Restrukturierungsmanager (DGfKM)

weidinger@sws-p.de

 

 

 

 

Markus Scholz

Rechtsanwalt

scholz@sws-p.de

 

 

 

 

 

Franz Niebauer, LL.M.

Rechtsanwalt
Wirtschaftsmediator (MuCDR)

niebauer@sws-p.de

Newsletter Arbeitsrecht 09/2024

Ich darf Sie in diesem Newsletter auf eine interessante Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (NJW 2024, 2781) hinweisen:

 

Gegenstand des Rechtsstreits:

Der Arbeitnehmer hatte laut Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von einem Vierteljahr zum Quartalsende. Der Arbeitgeber kündigte ordentlich zum 31.12., das Kündigungsschreiben vom 28.09. wurde am 30.09. von einem Bediensteten der Deutschen Post AG in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen.

Der Arbeitnehmer bestritt den Einwurf des Kündigungsschreibens zu den üblichen Postzustellungszeiten. Mit einer Entnahme am selben Tag sei deshalb nicht zu rechnen gewesen, sodass der Zugang erst am 1. Oktober erfolgt sei, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31.03. des Folgejahres endet.

 

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:

Es besteht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass jedenfalls Bedienstete der Deutschen Post AG zu den postüblichen Zeiten zustellen. Hierzu muss keine bestimmte Uhrzeit bestimmt werden, dies hängt vor allem von der Arbeitszeit, der Postmenge und der gewählten Reihenfolge des Zustellers ab.

Die Kündigung ging somit wirksam am 30.09. zu, sodass das Arbeitsverhältnis am 31.12. endete.

 

Folgerungen für die Praxis:

Bei Verwendung eines Einwurf-Einschreibens über die Deutsche Post AG erhält man eine Zustellungsbeleg, der dann als Nachweis für die rechtzeitige Zustellung an dem genannten Tag dient. Dies ist also die einzige Möglichkeit, eine Zustellung „zu den üblichen Postzustellungszeiten“ zu bewirken.

Anders zu betrachten ist die Zustellung durch andere Unternehmen bzw. Personen, hier ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Zustellung erst für den nächsten Tag wirksam ist.

 

Sollten Sie hierzu noch Fragen haben, steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Heller gerne zur Verfügung.

 

Ihr Ansprechpartner zum Thema

 

Udo Heller

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

heller@sws-p.de