Newsletter Arbeitsrecht 7/2023 Aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

1. Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen

Im Newsletter vom Dezember 2022/Januar 2023 hatten wir Ihnen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vorgestellt, wonach die beschäftigte Person zwingend hingewiesen bzw. aufgefordert werden muss, den noch vorhandenen Urlaub zu nehmen. Unterbleibt dies, so bleibt der Urlaubsanspruch bestehen.

Offen war, ob der Urlaubsanspruch bzw. Urlaubsabgeltungsanspruch überhaupt verjähren kann.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses der Urlaubsabgeltungsanspruch – auch wenn der Arbeitgeber zuvor seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht genügt – der 3-jährigen Verjährungsfrist unterliegt, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem die beschäftigte Person aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (BAG 9 AZR 456/20).

Auch wenn also ein Urlaubsabgeltungsanspruch nicht unbegrenzt fortbesteht, so ist die beschäftigte Person in jedem Fall nachweislich auf den aktuellen Urlaubsanspruch hinzuweisen und aufzufordern, den Urlaub vor dem Verfallszeitpunkt zu nehmen.


2. Krankheitsbedingte Kündigung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM)

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ein bEM durchzuführen. Ist er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, ist er darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass auch ein bEM nicht dazu hätte beitragen können, neuerlichen Arbeitsunfähigkeitszeiten entgegenzuwirken und das Arbeitsverhältnis zu erhalten.
In einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (2 AZR 162/22) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die schriftliche Zustimmung des Arbeitnehmers in die Verarbeitung seiner im Rahmen eines bEM erhobenen personenbezogenen Daten und Gesundheitsdaten keine tatbestandliche Voraussetzung für die Durchführung des bEM ist.

Der Arbeitgeber hatte in diesem Fall das bEM nicht durchgeführt, weil die beschäftigte Person die vorformulierte Datenschutzerklärung nicht unterschrieben hatte. Das Bundesarbeitsgericht sah dies als nicht zulässig an, zumal die beschäftigte Person im Übrigen zur Durchführung des bEM bereit war.

Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Zustimmungsbescheid des Integrationsamts keine Vermutung dafür begründet, dass ein bEM eine Kündigung nicht hätte verhindern können.

Vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ist somit, bis auf eine vollständige Verweigerung durch die beschäftigte Person oder offensichtliche Aussichtslosigkeit, ein bEM durchzuführen. Formelle Punkte, wie hier die Datenschutzerklärung, können dem nicht entgegengehalten werden.


Ihr Ansprechpartner zum Thema 

 

Udo Heller

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

heller@sws-p.de