LIEFERKETTENGESETZ – DER SCHUTZ VON MENSCH UND UMWELT IN DER GESAMTEN WERTSCHÖPFUNGSKETTE

Das Lieferkettengesetz ist nicht für alle Unternehmen verpflichtend. Allerdings werden die Vorgaben auch kleinere Unternehmen betreffen, da die Pflichten in der Lieferkette zwingend weitergegeben werden müssen. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass innerhalb der nächsten Monate und Jahre – unabhängig von Art, Größe, Branche etc. – jedes Unternehmen sich mit dem Lieferkettengesetz befassen werden muss, weil die Anforderungen vertraglich durchgesetzt werden.

Beispielsweise verpflichtet das Gesetz die Unternehmen zur Verankerung von Schulungen im eigenen Unternehmen sowie bei unmittelbaren Zulieferern. Die größte Herausforderung wird aber die Umsetzung von Maßnahmen bei mittelbaren Lieferanten darstellen (siehe Punkt 6).

Folgende Unternehmen sind gesetzlich zur Umsetzung der Maßnahmen aus dem Sorgfaltspflichtengesetzes verpflichtet:

Über 3000 AN: Umsetzungsfrist 01.01.2023

Über 1000 AN: Umsetzungsfrist 01.01.2024

Die Pflicht besteht rechtsformunabhängig. Berücksichtigt werden alle Mitarbeiter, auch Leiharbeitnehmer; in Konzernen sämtliche Mitarbeiter aller konzernzugehöriger Gesellschaften.

Das Lieferkettengesetz umfasst hierbei menschenrechtliche und umweltrechtliche Grundsätze im eigenen Geschäftsbereich sowie bei unmittelbaren und mittelbaren Lieferanten im In- sowie Ausland.

 

Inhaltsverzeichnis:

1. Risikomanagement, Risikoanalyse und die Ernennung eines Verantwortlichen
2. Grundsatzerklärung
3. Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbetrieb sowie bei Lieferanten
4. Abhilfemaßnahmen bzw. ad hoc Maßnahmen zur Abstellung von Risiken im eigenen Unternehmen sowie beim unmittelbaren Zulieferer
5. Beschwerdeverfahren bzw. Hinweisgebersystem für Interne und Externe
6. Die größte Herausforderung – die Einbindung mittelbarer Zulieferer in das System
7. Dokumentations- und Berichtspflicht der gesetzlich Verpflichteten
8. Maßnahmenanordnung und Sanktionierung
9. Zusammenfassung und Ausblick

 

1. Risikomanagement, Risikoanalyse und die Ernennung eines Verantwortlichen

Unternehmen mit entsprechender gesetzlicher Verpflichtung haben ein Risikomanagement einzuführen sowie jährlich eine Risikoanalyse durchzuführen. Die Pflicht der Risikoanalyse umfasst hierbei das eigene Unternehmen, sowie unmittelbare Zulieferer.

Es ist ein Verantwortlicher im Unternehmen einzurichten, welcher für die Umsetzung der Maßnahmen sowie die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Systems zuständig ist.

2. Grundsatzerklärung

Das Unternehmen hat die Pflicht, eine Grundsatzerklärung abzugeben. Diese beinhaltet die generelle Strategie des Unternehmens zu Menschenrechten, die maßgeblichen menschenrechtlichen- sowie umweltbezogenen Risiken sowie eine Zusammenfassung der Erwartungen, die das Unternehmen gegenüber seinen Mitarbeitern und Beschäftigten hat.

3. Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbetrieb sowie bei Lieferanten

Als Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich sind folgende Maßnahmen vorgesehen

  • die Erstellung von Verhaltenskodizes (für das eigene Unternehmen und Dritte) inkl. einer Strategie zur Lieferantenauswahl
  • Erarbeitung geeigneter Einkaufsstrategien und -prinzipien
  • Schulung der Beschäftigten
  • Durchführung von Kontrollmaßnahmen

Das Gesetz geht an dieser Stelle aber noch weiter und beschreibt Maßnahmen, welche bei den unmittelbaren Lieferanten Anwendung finden:

  • Berücksichtigung menschenrechtlicher und umweltbezogener Pflichten bei der Lieferantenauswahl
  • Vertragliche Zusicherung der Einhaltung (auch für Unterlieferanten, dies ist bei der Vertragsgestaltung zwischen Lieferant und Unterlieferant zu beachten)
  • Angemessene vertragliche Kontrollmechanismen (Auditrecht etc.)
  • Durchführung von Schulungen

Es ist eine jährliche Kontrolle der Wirksamkeit der Präventionsmaßnahmen erforderlich.

4. Abhilfemaßnahmen bzw. ad hoc Maßnahmen zur Abstellung von Risiken im eigenen Unternehmen sowie beim unmittelbaren Zulieferer

Wenn Risiken bereits eingetreten sind – im eigenen Unternehmen oder bei unmittelbaren Zulieferern – dann sind unverzüglich Abhilfemaßnahmen einzuleiten. Im eigenen Unternehmen muss die Maßnahmen zwingend zur Abstellung des Risikos führen. Beim Zulieferer generell auch, allerdings sieht das Gesetz hier abgestufte Maßnahmen vor. Ist ein Risiko nicht zeitnah abstellbar, muss es ein Umsetzungskonzept mit fixem Zeitplan geben, welches folgende Aspekte in Betracht ziehen muss:

  • Gemeinsame Erarbeitung eines Umsetzungsplanes
  • Zusammenschluss mit anderen Unternehmen, um Druck auf den Verursacher auszuüben
  • Temporäres Aussetzen der Geschäftsbeziehung
  • Abbruch der Geschäftsbeziehung bei besonders schwerwiegenden Verstößen, Nichteinhaltung des Umsetzungsplanes, Wirkungslosigkeit aller sonstiger Sanktionen oder wenn eine Einflussnahme aussichtslos erscheint

Auch hier ist eine jährliche Wirksamkeitskontrolle durchzuführen.

5. Beschwerdeverfahren bzw. Hinweisgebersystem für Interne und Externe

Es muss ein Hinweisgebersystem eingerichtet werden, welches geeignet ist, dass sowohl unternehmensinterne Personen Hinweise abgeben können, wie auch Externe. Dies geht so weit, dass sogar Personen, die durch die Tätigkeit eines mittelbaren Lieferanten betroffen sind, in die Lage gebracht werden müssen, über den Kanal Hinweise abgeben zu können.

6. Die größte Herausforderung – die Einbindung mittelbarer Zulieferer in das System

Aus unserer Sicht wird dies die Unternehmen vor große praktische Herausforderungen stellen. Sobald dem Unternehmen substantiierte Hinweise, d. h. „überprüfbar und ernst zu nehmend“, vorliegen, ist es verpflichtet, Maßnahmen einzuleiten. Ein solcher Hinweis kann dem Unternehmen beispielsweise durch Rundfunk oder Presse zugehen und die Handlungspflicht ist bereits dann gegeben, wenn über menschenrechtliche oder umweltbezogene Probleme in der Region des Rohstofflieferanten berichtet wird. Als praktische Maßnahmen kämen hier präventiv die Weitergabe des Code of Conduct an Unterlieferanten oder Weitergabeklauseln in Verträgen in Betracht.

Die Pflichten hierzu sollen in einer gesonderten Rechtsverordnung näher ausgestaltet werden.

7. Dokumentations- und Berichtspflicht der gesetzlich Verpflichteten

Es ist ein jährlicher Bericht über die Erfüllung der vorgenannten Pflichten anzufertigen, welcher sowohl auf der eigenen Homepage veröffentlicht werden muss, als auch beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle einzureichen ist. Stichtag zur Veröffentlichung ist vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres.

Der Bericht muss folgendes enthalten:

  • Eruierte Risiken
  • Eingeleitete Maßnahmen
  • Auswirkung und Wirksamkeit der Maßnahmen
  • Schlussfolgerungen, welche Auswirkungen dies auf zukünftige Maßnahmen hat

8. Maßnahmenanordnung und Sanktionierung

Die Behörden sind ermächtigt, für die Unternehmen Maßnahmen anzuordnen. Dies reicht von Umsetzungsplänen bis hin zu konkreten Maßnahmen.

Das Gesetz sieht ansonsten eine Sanktionierung innerhalb des Verwaltungs- -und Ordnungswidrigkeitenrechts vor:

  • Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge
  • Zwangsgeld bis zu 50.000 EUR
  • Bußgelder, je nach Vergehen bis zu 800.000, 500.000, 100.000 EUR oder 2 % des weltweiten durchschnittlichen Umsatzes der letzten 3 Geschäftsjahre

Zivilrechtliche Ansprüche wie Schadensersatz etc. können nur durch inländische Gewerkschaften bzw. Nichtregierungsorganisationen durchgesetzt werden.

Ansonsten können auf das Unternehmen vertragliche Sanktionen zukommen (Aufhebung, Rücktritt, Pönalen etc).

9. Zusammenfassung und Ausblick

Im Großen und Ganzen bleibt festzuhalten, dass sowohl auf gesetzlich Verpflichtete wie auch auf deren Lieferanten und Unterlieferanten Maßnahmen zukommen werden. Das Gesetz gibt hier bereits einen groben Leitfaden vor. Es ist davon auszugehen, dass im Laufe der nächsten Monate Konkretisierungen durch Rechtsverordnungen, Normen und Leitfäden vorgenommen werden. Abzuwarten ist auch, ob die EU zeitnah eine harmonisierte Regelung zu Menschen- und Umweltrechten auf den Weg bringen wird. Wir werden Sie hierüber auf dem Laufenden halten.

 

Ihre Ansprechpartner zum Thema

 

Thomas Sedlmayr
Rechtsanwalt
Betriebswirt (IWW)

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Katharina Sigl
Betriebswirtin (B. A.)
Wirtschaftsjuristin (LL. M.)

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